Herr Winterkorn – zwei Kloschüsseln – und ein Amazonarbeiter

Verfasst: 7. März 2013

 

Vergleichende Studie über Stuhlgänge

 

Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich! Auf der Toilette auch – sollte man meinen. Es ist aber nicht so!

Wir wissen alle, dass der Beruf eines Managers[1] mit übergroßer Last und Verantwortung verbunden ist – im 21. Jh. primär gegenüber den Firmeninhabern, sekundär auch gegenüber den Angestellten. Ein Manager trägt also eine große Bürde.

Verlässt nun ein Manager – beispielsweise der VW-Chef Martin Winterkorn – seinen gepolsterten Sessel, um sich einem „Geschäft“ hinzugeben[2], das wir mit der jugendfreien Bezeichnung „Fäkalienabgabe“  umschreiben möchten, so begibt er sich damit in einen Zustand reinsten Mensch-Seins. Man braucht für diese täglich erforderliche Tätigkeit nämlich weder eine Ausbildung (noch Beziehungen) oder besondere Begabung. Und mag die Bürde und Verantwortung noch so groß sein, die er um aller Aktionäre willen trägt, hier (oder dort) in der Toilette ist er Gleicher unter Gleichen; ja er wird sogar einen Teil seiner Bürde los (wenn auch nicht die oben erwähnte). Und mag diese auch manchmal bis zum Himmel stinken, man spült sie einfach ab, wäscht sich danach die Hände (in Unschuld) und kehrt solchermaßen erleichtert ins heimelige Büro zurück.

Nun würde es vordergründig sicherlich lächerlich erscheinen, zöge man Herrn Winterkorn die Zeit, die er für sein „Geschäft“ benötigt, vom Lohn ab. Wird doch in Volk und Presse seit Tagen über sein jährliches Gehalt in Höhe von 16,6 Millionen € diskutiert und geschrieben, und ob solche Höhe noch angebracht sei.[3] Was sind dagegen schon fünf Minuten der von uns ermittelten DDSD (durchschnittlichen deutschen Stuhlgang-Dauer)?

Nachdem uns nun aber im selbigen Zeitraum ein Presseartikel der Frankfurter Rundschau[4] ins Auge stach, in dem berichtet wurde, dass bei der Fa. Amazon jeder Toilettengang als Arbeitsunterbrechnung gezählt wird, wurde uns schlagartig bewusst, dass „Zeit wirklich Geld ist“ und der mehrmalige Toilettengang (als privates, intimes Bedürfniss)  durch die geschäftlichen Ansprüche eines Konzerns aufgehoben wurde.

Fäkalienabgabe ist offensichtlich sehr wohl eine Sache, die sich „in Geld“ beziffern lässt. Vergleichen wir also, was Herr Winterkorn bei einem durchschnittlichen Stuhlgang verdient und vergleichen dies mit dem Stuhlgang eines Amazonbeschäftigten.

Herr Winterkorn verdient im Jahr 16.600.000,00 €. Im Monat sind dies 1.383.333,33 €. Sein Stundenlohn beträgt 6.945,61 €. Gerechterweise haben wir unseren Berechnungen einen Zehnstundentag zugrunde gelegt. (Die Wörter „Lohn“ und „Gehalt“ erscheinen uns allerdings bei solch hohen Beträgen immer noch unpassend).

In der Minute verdient er – so er es denn verdient – 115,76 €. Wohlbemerkt: in der Minute!

Bei einer angenommenen Verweildauer von 5 Minuten, bekommt Herr Winterkorn also 578,80 € für seine  Fäkalienabgabe.

Ein Amazonarbeiter (auch dieser der Spezies Mensch zugehörig) der die Waren zusammenstellt verdient lt. Recherchen im Internet pro Stunde unter 10 Euro. Wir rechnen hier aber freundlicher- und utopischerweise trotzdem mit aufgerundeten 10 € pro Stunde. Dies entspricht einem Monatslohn von 1.593,33 € und einem Entgelt von 0,17 in der Minute. In der Zeit des Stuhlgangs bekäme ein Amazonarbeiter also 0,83 €. , wenn er sie denn bekäme.

Wer könnte dem Amazonmanagement einen Vorwurf machen, dass sie mehrmalige Stuhlgänge nur ungern tolerieren. Und da es sich bei solcher Bezahlung doch sowieso kaum rentiert länger auf dem Klo zu sitzen, werden nicht mal die Gewerkschaften zu einem Streik aufrufen, der mehrmalige Stuhlgänge ohne eine daraus resultierende Zählung und Auflistung toleriert (obgleich gerade hier die Vorstellung eines Sitzstreiks,  der besonderen Art,  einen gewissen Reiz hat).

Herr Winterkorn bekommt für fünf Minuten Stuhlgang, in der, wir betonen dies nochmals, weder Begabung noch Ausbildung eine Rolle spielen, 578,80 €. Ein Amazonarbeiter 0,83 €.

Beim Scheißen (es muss dies Wort hier einmal um der Deutlichkeit willen gebraucht werden) zeigt sich das Unrecht am deutlichsten.

Hätte Herr Winterkorn Durchfall und würde deshalb insgesamt eine ganze Stunde am Tag auf dem Klo verbringen (müssen), so würde er in dieser einen Stunde mehr verdienen, als der Großteil seiner Arbeiter im Monat (nämlich  6.945,61 €).

Und abschließend, zur nochmaligen Verdeutlichung, eine letzte Zahlenspielerei: Ein Amazonarbeiter muss 11,58 Stunden, das sind 1,45 Arbeitstage, hart arbeiten, um das zu bekommen, was Herr Winterkorn in fünf Minuten erscheißt.[5]

Das stinkt doch tatsächlich zum Himmel.

 


[1] Manager; Stammwörter sind die lateinischen Begriffe manus ‚Hand‘ und agere „treiben”, „führen”, „tun”)

[2] Sozusagen vom Polstersessel zum Stuhlgang

[3] Frankfurter Rundschau 28. März 2012 und Wirtschaftswoche 28. 4. 2012

[4] Frankfurter Rundschau vom 26. Februar 2013;

[5] Tabellarische Berechnung der Gehälter: Christian von Otterberg, ebendort März MMXIII

 
  Martin Winterkorn Amazon-Arbeiter
Jahresgehalt   16.600.000,00 €  19.120,00 €
Monatsgehalt  1.383.333,33 €  1.593,33 €
Tagessatz  69.456,07 €   80,00 €
Stundenlohn (10 h/8 h proTag)  6.945,61 €  10,00 €
Minutenlohn  115,76 €  0,17 €
5 Min. Fäkalienabgabe  578,80 €  0,83 €

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